Heute vor ziemlich genau einem Jahr haben wir mit Karoline Viktoria Mielken, Geschäftsführerin der Nettowelt GmbH gesprochen: Grund war die Absenkung des Rechnungszinses auf 0,25 Prozent und der Start der Website nettoriester.de, mit der der Riester-Rente noch einmal neues Leben eingehaucht werden sollte. Wir wollen wissen, was daraus geworden ist – und haben Frau Mielken wieder an den Redaktionstisch geholt.
Redaktion: Wie hat sich die Nettoriester-Seite entwickelt – was gibt es an Neuigkeiten und Tools für die Vermittler, was ist gegebenenfalls geplant?
Karoline Viktoria Mielken: Das Portal ist sehr lebendig geworden – Partner finden hier inzwischen zahlreiche Erklärvideos, ein Newsletter-Archiv oder auch Verkaufshilfen für den Einstieg in die Honorarvermittlung. Wir haben sehr genau zugehört und das Portal an die täglichen Bedürfnisse unserer Partner angepasst. Die Zulagenberechnung für Kinder haben wir optimiert, und der Vergleich zwischen den einzelnen Anbietern ist noch einfacher geworden.
Redaktion: Insgesamt sind ja die Zeiten für viele schwer – wie wirkt sich die hohe Inflation nach Ihrer Einschätzung aus, auf die Riester-Rente, aber auch insgesamt auf die Bereitschaft zum Vorsorgen?
Karoline Viktoria Mielken: Wir spüren allgemein eine gewisse Zurückhaltung, alles andere wäre gelogen. Riester hat bei aller Kritik immer noch einen sehr großen Vorteil: die Zulagen. Bevor ich also als Sparer gar nichts unternehme, sollte ich diese Förderung mitnehmen. Die hohe Inflation macht es natürlich grundsätzlich etwas schwerer, jedoch ist gerade wegen der Inflation das Thema Fonds enorm wichtig. Bei derart hoher Inflation reicht ein starrer Zins sehr wahrscheinlich nicht aus. Da gibt es einen klaren Fokus auf flexible und auch risikoreichere Produktlösungen.
“Wir spüren allgemein eine große Zurückhaltung.”
Redaktion: Die Riester-Rente ist zum Teil Kritik ausgesetzt. Unter anderem auch wegen der Kosten, die ja durch Nettotarife deutlich sinken können. Für wen lohnt sich das Modell im aktuellen Marktumfeld?
Karoline Viktoria Mielken: An der Zielgruppe, an den Kunden, hat sich nichts verändert. Diese ist auch bei Nettotarifen identisch. Das Modell lohnt sich ganz besonders für Vermittler, die die Honorarvermittlung ausprobieren möchten, denn das Portal ist noch immer kostenlos. Ich kann also mit der Vermittlung von Riester starten und später auch andere Bereiche hinzunehmen. Mein Kunde muss hierfür nicht einmalig zahlen, sondern kann das auch in Raten tun, was gerade bei Riester enorm wichtig ist. Gerade in den aktuellen Zeiten, in denen das Provisionsverbot wieder stark diskutiert wird, wappne ich mich so als Vermittler.
“Das Modell lohnt sich für Vermittler, die Honorarvermittlung ausprobieren wollen.”
Redaktion: In den letzten Tagen tauchte vermehrt die Idee einer Bürgerrente auf – was halten Sie davon?
Karoline Viktoria Mielken: Die Bürgerrente (orientiert am Bürgergeld) ist im Gespräch, das ist richtig. Doch öffnet diese Verknüpfung ein breites Marktfeld? Nein, es klingt rein nach einer Absicherung für Geringverdiener, einer „staatlichen Rentenhilfe“. Das Gegenteil hätten wir uns erhofft, nämlich eine Öffnung. Darüber hinaus lässt es eine Lösung erahnen, die eventuell nicht direkt mit dem Vermittler zu tun haben wird. Von unserer Seite könnte unser Portal als Blaupause für alle weiteren Vorsorgemodelle zur Verfügung stehen. Dies setzt jedoch voraus, dass eine solche Rente für den freien Vertrieb zugänglich ist und nicht am Vermittler vorbei gearbeitet wird. Gerade im Bereich der Altersvorsorge braucht es zwingend eine fundierte Beratung.
Redaktion: Ist es denn eigentlich clever, ein weiteres Werkzeug für die private Altersvorsorge in den Ring zu schicken oder sollte man nicht lieber die Riester-Rente und die anderen Modelle modernisieren und anpassen?
Karoline Viktoria Mielken: Ich bin ein großer Freund der Verschlankung – ein solches Modell wäre wunderbar. Es muss jedoch immer auch individuell anpassbar sein. Der Name Riester hat leider medial sehr gelitten und es wird mit jeder weiteren Diskussion schwieriger für Vermittler beim Kunden vor Ort. Der Name Riester muss weg! Inhaltlich würde ich dennoch gerne an dem Prinzip festhalten wollen, ergänzt um eine flexiblere Anlagemöglichkeit. Die steuerliche Anerkennung der Höchstfördergrenze sollte auch für Mehrverdiener attraktiv sein – warum nicht ein Zulagenmodell für alle statt Rürup für die einen und Riester für die anderen?
Weitere Informationen zur Riester-Rente finden Interessierte bei ProRiester.
Titelbild & Beitragsbild: © Nettowelt GmbH