1,3 Milliarden Menschen auf der Welt nutzen WhatsApp, davon eine Milliarde täglich. Und sie verschicken dabei 55 Milliarden Nachrichten, 4,5 Milliarden Fotos und eine Milliarde Videos. In Deutschland nutzen wöchentlich 46 Millionen Menschen den grünen Messenger Service, 42 Millionen sogar täglich. Digitaler Dialog in seiner Vollendung.
In zunehmendem Maße stellt sich auch für Unternehmen die Frage, ob und inwiefern Messenger-Dienste im Kundendialog eingesetzt werden können. Der Fokus liegt dabei auf den wettbewerbs- und datenschutzrechtlichen Anforderungen.
WhatsApp selbst will jetzt mit der eigenen Business App die Möglichkeit der kommerziellen Nutzung vereinfachen. Doch ist es wirklich alles so einfach, wie es scheint?
Den Unterschied machen
Seit einiger Zeit unternimmt WhatsApp große Anstrengungen, Fake-Accounts seiner Business App zu verhindern. Sichere und authentifizierte Accounts erkennt der User durch ein grünes Siegel im Profil. Oberstes Ziel der Entwickler ist es, eine Business App zu schaffen, die für Unternehmen und Nutzer gleichermaßen durchdacht ist. Ein solches Angebot, so die Strategie, wird die Akzeptanz von WhatsApp für die berufliche Nutzung noch steigern.
“Es spielt für Firmen eine immer größere Rolle, schnell zu agieren. Außerdem wird es für Unternehmen immer wichtiger, sich über den Service gegenüber den Mitbewerbern zu differenzieren. WhatsApp bietet hier neue und schnelle Möglichkeiten.”, so Tobias Schied, Managing Director der Agentur tobesocial, Stuttgart gegenüber internetworld.de.
WhatsApp Business
Per Messenger mit Kollegen und Geschäftspartnern zu kommunizieren, ist heutzutage gang und gäbe. Viele nutzen bereits heute die Standardvariante von WhatsApp. Das hatte aber bisher einige Nachteile:
In Gruppenchats beispielsweise werden die Telefonnummern aller beteiligten Mitglieder eingeblendet. Aus Sicht der DSGVO ein absolutes No-Go. Die andere Möglichkeit wäre, mit jedem Kunden einzeln zu chatten. Viel zu aufwendig und ineffektiv. Und hier setzt die neue Variante des grünen Messenger Dienstes an.
So bietet die ebenfalls kostenlos für Android und iPhone erhältliche WhatsApp Business App die Möglichkeit, ein Unternehmerprofil mit allen Eck- und Kontaktdaten (Beschreibung, Webseite, E-Mail und Telefonnummern, Öffnungszeiten, Standort und Bilder) zu erstellen. Als zusätzliche Funktionen bietet die App:
- Automatisierte Antworten (Begrüßungs- oder Abwesenheitsnachrichten)
- Schnellantworten (Für FAQs)
- Statistiken (übertragene, gesendete und gelesene Nachrichten)
- Nutzung einer Festnetznummer
Rechtliche Grundlagen: Früher
Bislang gab es zahlreiche Gründe, weshalb Einzelmakler und Unternehmen sich davor scheuten, Instant Messenger in Anspruch zu nehmen.
Aufgrund einer fehlenden Schnittstelle war es beispielsweise ein großes Problem, die Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) zu erfüllen. Grundlage dafür waren die Aufbewahrungspflicht im Rahmen von MiFID II nach § 257 HGB und nach § 147 AO sowie die Anforderungen an die Datenarchivierung gemäß den Grundsätzen zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern.
Auch die letztes Jahr in Kraft getretene DSGVO setzte neue Richtlinien für den Gebrauch personenbezogener Daten, insbesondere im Rahmen der Informationspflichten (Art 13 DSGVO), Löschpflichten (Art 5 DSGVO) und der Fragestellung, wie die Tatsache zu bewerten sei, dass alle Daten über US-Server laufen.
Rechtliche Grundlagen: Heute
WhatsApp hat auf die zusätzlichen Anforderungen in der Geschäftskommunikation reagiert und neue Produkte entwickelt. Vor allem mit den beiden Varianten WhatsApp Business (für Dienstleister und kleinere Unternehmen) und der WhatsApp Business API (für größere Unternehmen) will das Unternehmen alle Möglichkeiten in der Kundenkommunikation ausschöpfen.
WhatsApp hat nicht nur eine Ende-zu-Ende Verschlüsselung eingeführt, die ausschließlich Telefonnummern und nicht die eigentlichen Inhalte der Nachrichten übermittelt.
Zusätzlich verfügt WhatsApp nun über eine gültige PrivacyShield Zertifizierung, somit ist die Übertragung personenbezogener Informationen rechtlich (Art. 45 DSGVO) legitim.
Darüber hinaus ergänzte WhatsApp seine AGBs für Kunden an den entsprechenden Stellen für Fragen der gewerblichen Nutzung und liefert ebenfalls für Unternehmen passende Business-AGBs.
Aufzeichnungsanforderungen und Aufbewahrungspflichten
Die Aufzeichnung bei WhatsApp Business erfolgt zentral, verteilt auf Smartphones und PCs. Unternehmen bekommen so Zugriff auf alle Nachrichtendaten und sind dadurch in der Lage, diese auf andere Systeme zu übertragen, kategorisieren und zu dokumentieren. Somit lässt sich eine skalierbare und rechtlich Lösung für alle Dokumentationspflichten schaffen.
Informationspflichten
Hier hilft die Möglichkeit der einstellbaren automatisierten Antworten. So können in jeder Begrüßungsnachricht Informationen hinsichtlich des Datenschutzes bei erstmaliger Kontaktaufnahme versendet werden. Der Versand dieser Information wird automatisch protokolliert.
Datenlöschung
Da sich alle Nachrichtenflüsse dezentral steuern lassen und nicht mehr auf die Smartphones der Mitarbeiter verstreut sind, lässt sich hier der Löschpflicht ebenfalls leicht nachkommen. Außerdem können automatische Löschroutinen programmiert werden, die alle oder auch nur ausgewählte Nachrichten im ausgewählten Zeitraum löschen.
Unerlaubte Übertragung
Da sich die App auch über PC steuern lässt und keine Installation auf dem Smartphone nötig ist, wird das jeweilige Adressbuch (personenbezogene Daten) nicht mehr automatisch angezapft. Somit werden diese Daten nicht mehr unerlaubterweise weitergegeben.
Transparenz und Aufklärungspflicht
Schwerpunkt bei der Nutzung von Messengerdiensten, so Rechtsanwältin Kathrin Schürmann, Partnerin bei Schürmann Rosenthal Dreyer, sind die Anforderungen an Transparenz und Informationswert personenbezogener Daten.
Hier muss das Unternehmen seine Kunden in klaren, einfachen und verständlichen Worten über ihre Datenschutzrechte aufklären. Welche Daten werden erhoben, wo, von wem und wie werden diese verarbeitet und gespeichert. Welches Widerspruchsrecht hat der Nutzer und vieles mehr.
Eine solche Einwilligung sollte unbedingt außerhalb des Messengers eingeholt werden, beispielsweise per E-Mail. So erhält jeder Erstkontakt mit dem Kunden eine Rechtsgrundlage und diese kann dementsprechend einfach dokumentiert werden. Erforderlich ist eine Einwilligung aus wettbewerbsrechtlichen Gründen. Denn WhatsApp-Nachrichten werden wie E-Mails behandelt und dürfen daher nicht gegen das Verbot der unzumutbaren Belästigung verstoßen.
Gewollter Kommunikationskanal
Eine Messenger App wie WhatsApp Business bietet auch Maklern die Chance, ihre Kundenkommunikation auf ein neues Level zu heben. Bereits vor drei Jahren wurde durch den 2016 Mobile Messaging Report bekannt, dass 51 Prozent der Befragten Instant Messaging als Kommunikationskanal mit Dienstleistern bevorzugen, gefolgt von Telefon und E-Mail.
Dabei hält es sogar jeder Fünfte für längst überfällig, sich per WhatsApp auch mit Unternehmen verständigen zu können. 54 Prozent würden so den Kundenservice oder die Supportanfrage kontaktieren. 42 Prozent Beratungsleistungen einholen und 28 Prozent Newsletter lesen. Das geht aus der YouGov Studie (2017) hervor.
Die Vorteile von WhatsApp Business als weiterem Kommunikationskanal für Verbraucher liegen laut der MessengerPeople Studie 2018 auf der Hand:
- Keine Warteschleifen (32 Prozent)
- Keine Öffnungszeiten (28 Prozent)
- Kommunikationsmöglichkeit durch Text, Bild, Video und Ton (21 Prozent)
- Schnellere Erreichbarkeit (14 Prozent)
Alle Probleme gelöst?
Die neue Anwendung schafft in einigen Bereichen Klarheit und ist datenschutzrechtlich besser aufgestellt als die private WhatsApp-Variante. Aber es bleiben noch offene Fragen. Insbesondere der Datentransfer über amerikanische Server, die aus Sicht des deutschen und europäischen Datenschutzes als unsicher gelten, ist nicht abschließend rechtlich bewertet. Die Anwendung ist also auch in der Business Variante mit Vorsicht zu genießen. Aus Sicht der Rechtsanwältin Kathrin Schürmann, „ändert sich an den rechtlichen Rahmenbedingungen wenig im Vergleich zur klassischen Version. Ohne Rechtsgrundlage ist eine Kommunikation mit dem Kunden per WhatsApp unzulässig.“ Das sollten Vermittler in jedem Fall beachten.
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