Schamanen, Kartenleger und Glaskugelbesitzer haben es versucht. Doch der Mensch kann die Zukunft immer noch nicht vorhersagen. Schafft es eine Maschine? Vor allem der Finanzbranche käme das gelegen. Stichwort: Robo-Advisor. Und so entwickelten Techniker und Forscher immer aufwendigere Computerprogramme, die eigenständige Anlageentscheidungen treffen. Statt des menschlichen Gehirns entscheidet ein Algorithmus, wie das Geld angelegt wird. Mittlerweile beträgt das Anlagevolumen (2017) laut Statista im Segment “Robo-Advisors” rund 338 Millionen Euro. Im Jahr 2021 wird ein Anlagevolumen von 1.350 Millionen Euro prognostiziert. Dies wäre ein jährliches Wachstum von 41,4 Prozent. Das funktioniert auch für Vorsorgeprodukte der Versicherungswelt. Grund genug, einen genaueren Blick zu riskieren.
Aktiv vs. Passiv
Robo-Advisor versprechen, die nächste Generation der Geldanlage zu sein. Der Anlage-Algorithmus legt das Geld automatisiert an. Zwei verschiedene Art der automatisiert-digitalen Beratung gibt es dabei.
- Aktive Robo-Advisor
Der Anbieter ist jederzeit in der Lage, Kundenportfolios umzuschichten und somit auf aktuelle Entwicklungen der Aktienmärkte zu reagieren. Die Chance wächst dadurch die Marktrendite zu schlagen.
Solche Advisor sind: Scalable Capital, Whitebox, Cashboard, Sutor Bank, LIQID. - Passive Robo-Advisor
Anbieter können die zuvor vorgenommene Zusammenstellung der Portfolios nach der Depoteröffnung nicht mehr ändern. Diese werden nicht mehr umgeschichtet. Die Rendite hängt vom Wachstum der Märkte ab.
Solche Advisor sind: growney, vaamo, quirion, fintego, ARERO, easyfolio, Ginmon, LIQID.
Auch der Robo-Advisor hat Familie
Und deswegen ist ein solcher Dienst nicht kostenlos. Jeder Robo-Advisor verlangt Gebühren. Diese setzen sich zumeist aus zwei Komponenten zusammen:
- Gebühren der verwendeten Produkte (ETF- und Fondsgebühren, laufende Kosten, Verwaltungskosten)
- Gebühren für die Dienstleistung des Robo-Advisors
Deutsche Sprache, schwere Sprache
Doch müssen Versicherungsunternehmen und Makler vor dieser Beratungs-KI zittern? Nein. So die knappe Einschätzung von Henning Plagemann (Sopra Steria Consulting) und Marco Habschick (Finanzjournalist). Denn der Algorithmus hat Probleme mit den verschiedenen Versicherungsbedingungen einzelner Verträge.
„Kopfzerbrechen bereitet einem Robo Advisor vor allem die Bewertung der unterschiedlichen Verträge eines Kunden – vor allem der stark von Anbieter zu Anbieter abweichenden Versicherungsbedingungen. Und davon gibt es mittlerweile eine unüberschaubare Menge.“
Denn die Bedingungen für Versicherungen unterliegen seit 1994 keiner genormten Inhaltskontrolle. Auch Ergänzungen durch „Besondere Versicherungs- oder Tarifbedingungen“ oder individuelle Zusatzvereinbarungen sind nicht selten. Zudem unterscheiden sich die Bedingungen der einzelnen Gesellschaften in den verschiedenen Versicherungssparten sehr stark. Doch ohne fundierte Kenntnis aller Bedingungen ist eine regelkonforme Beratung nicht gewährleistet. Denn obwohl sich ein Robo-Advisor viel mehr Wissen in kurzer Zeit aneignet, ist der Algorithmus einer solchen KI ist nicht ausgereift genug, um dieses Fachwissen individuell anzuwenden. Dieser Punkt geht eindeutig an den Makler.
Auch die im nächsten Jahr in Kraft tretenden Vermittlerrichtlinien IDD schieben Robo-Advisorn erstmal einen Riegel vor. Denn Versicherer und alle an der Vermittlung Beteiligten müssen umfassende Beratung leisten.
Fazit: „Für ein automatisches Interpretieren von Bedingungstexten durch einen Robo-Advisor müssen diese in einer strukturierten Datenform vorliegen. Das gibt es in dieser Form heute noch nicht.“
Zukunftsprognosen bleiben unsicher
Auch Finanzberater müssen sich vorerst keine Gedanken um die Sicherheit ihrer Arbeitsstelle machen. Bisher ist nicht bewiesen, ob Algorithmen erfolgreicher sind als menschliche Vermögensverwalter. Denn egal ob Mensch oder Maschine, die Zukunftsprognosen in Wirtschaft und Finanzmärkten sind und bleiben unsicher.
Und obwohl immer mehr im Kommen, ist und bleibt der Robo-Advisor zunächst nur ein vergleichbar kleines Phänomen in der Finanz- und Versicherungsbranche. Es bleibt daher abzuwarten, ob die Versicherungs- und Vermögensverwaltung wirklich eines Tages ausschließlich von Computerprogrammen, Algorithmen und KI-Beratern übernommen wird.
Bild: ©phonlamaiphoto