Immer mehr Deutsche spenden. Gerne auch für nachhaltige Zwecke. Wie genau das funktioniert, verrät Tobias Niendieck, Mitbegründer von INSURANCY.
Spenden nehmen deutlich zu
Wie die Spendensituation in Deutschland aussieht, zeigen zum Beispiel Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Laut der Wiesbadener Behörde haben im Jahr 2018 rund 11,4 Millionen Steuerpflichtige in Deutschland rund 6,8 Milliarden Euro als Spende in ihrer Steuererklärung angegeben (39 Prozent). Dabei handelte es sich um einen neuen Höchstwert (plus 0,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr). Aktuellere Zahlen liefert der Deutsche Spendenrat e.V. Diesem zufolge spendeten die Deutschen im Jahr 2022 etwa 5,7 Milliarden Euro. Vor allem die Spenden im Rahmen der Ukraine-Hilfe waren nach Ansicht des Rates ausschlaggebend für das starke Ergebnis.
„Wir freuen uns über die sehr hohe Spendenbereitschaft in Deutschland auch im Jahr 2022. Über 5,7 Milliarden Euro wurden gespendet. Die Spenderinnen und Spender haben insbesondere Hilfen für die geflüchteten Menschen aus der Ukraine geleistet“, sagt Martin Wulff, Geschäftsführer des Deutschen Spendenrats e.V., in einer PRESSEMELDUNG dazu.
Die Mitleidsindustrie
Spätestens, seit die niederländische Journalistin Linda Polman im Jahr 2010 mit ihrem Buch „Die Mitleidsindustrie“ NGOs und Hilfsorganisationen in Krisengebieten angeklagt hat, ist klar, dass Spenden nicht immer nur dem guten Zweck dienen. Darin schreibt sie zum Beispiel, dass diese sogenannte Mitleidsindustrie vom Krieg profitiert: In Einsatzgebieten kooperiert sie mit Kriegsparteien, verschwendet Geld und zieht irgendwann einfach weiter. „Stellt ihnen Fragen“, betitelt sie ihr letztes Kapitel. Auf der einen Seite sollten Spender in Spe stets nach bestem Gewissen prüfen, wie vertrauenswürdig das Ziel ihrer Spende ist. Auf der anderen aber bringt zum Beispiel Hauke Friederichs von der Zeit das Argument ein, dass man zum Beispiel die Nordkoreaner nicht allein lassen könnte, nur weil die Regierung der Vergangenheit verhaftet bleibt.
Nachhaltig Spenden: Tipps von Insurancy
Doch wie finden Willige den richtigen Adressaten für eine Spende? Und wohin fließen die finanziellen Mittel tatsächlich? Das haben wir bei jemandem nachgefragt, der selbst nachhaltig spendet und sich auskennt: Tobias Niendieck, Mitbegründer von INSURANCY.
Redaktion: Herr Niendieck, Was macht eine Spende nachhaltig?
Tobias Niendieck: Bei einer nachhaltigen Spende geht es in erster Linie um die Art des Projekts, das man unterstützen möchte. Auch die klassische Spende an den lokalen Sportverein ist eine nachhaltige Spende, wenn der Verein mit dem Geld zum Beispiel das lokale Angebot ausbaut.
Nachhaltig macht eine Spende also vor allem die Art ihrer Verwendung. Aus meiner Sicht ist es immer wichtig, besonders darauf zu achten, dass die Spende zu einem möglichst hohen Anteil auch dort ankommt, wo sie gebraucht wird. Große, internationale Organisationen hatten in der Vergangenheit häufig Probleme, dass sie zu viel Geld für die Verwaltung der Gelder verbraucht haben. Wir setzen daher auf kleine, teils lokale und vor allem verwaltungstechnisch schlank geführte Organisationen.
Redaktion: Wie finden Unternehmen den richtigen Adressaten für nachhaltige Spenden?
Tobias Niendieck: Zum einen helfen Siegel, wie das DZI-Spendensiegel oder das Spendenzertifikat des deutschen Spendenrats und geben vorab eine Orientierung. Die Organisation sollte als gemeinnützig anerkannt sein und belegbare Nachweise zu deren Arbeit und Verwendung der Spenden anführen können. Es gibt in dem Bereich zum Beispiel einen aussagekräftigen Jahresbericht.
Als Unternehmen kann man sich natürlich auch überlegen eine Spende in einem Bereich zu tätigen, der mit der Unternehmung im Zusammenhang steht.
Redaktion: Beziehen Sie Kunden mit in diesen Prozess mit ein?
Tobias Niendieck: Wir gehen aktiv auf unsere Kundinnen und Kunden zu und fragen nach deren Engagement. In diesem Bereich geht es (wie bei Nachhaltigkeit im Allgemeinen) darum, dass man zusammenarbeitet. Besonders empfehlenswert ist die Seite effektiv-spenden.org, dort widmet man sich gesondert dem Klimaschutz und bringt viele gute Projekte zusammen.
Redaktion: Wohin fließt das Geld dann? Kann man den Fluss transparent nachvollziehen?
Tobias Niendieck: Wir arbeiten aktuell an einer Lösung, mit der wir den Spendenfluss transparent auf unserer Website darstellen können. Bei Kapitalgesellschaften werden diese aber nach einer Frist online einsehbar im Bundesanzeiger dargestellt.
„Uns ist wichtig, dass die Spende auch wirklich zur Verwirklichung von Projekten führt.“
Redaktion: Worauf achten Sie im Detail, wenn Sie eine Spende vollziehen wollen?
Tobias Niendieck: Es ist uns, wie bereits erwähnt, besonders wichtig, dass die Spende zu einem möglichst hohen Teil auch wirklich zur Verwirklichung von Projekten führt und nicht für die Verwaltung ausgegeben wird. Wir tätigen darüber hinaus auch keine zweckgebundenen Spenden, da diese ja möglichst da eingesetzt werden sollen, wo Bedarf besteht. Man sollte den Organisationen da mit ihrer Expertise vertrauen. Wir persönlich sind Fans von lokalen Spenden an kleine Organisationen.
Redaktion: Welche Projekte unterstützen Sie besonders gern?
Tobias Niendieck: Wir unterstützen besonders gern Projekte in unserer Nähe, von Organisationen, wo wir die handelnden Personen teilweise auch persönlich kennen und wir uns als Unternehmen und persönlich mit der Story hinter der Spende identifizieren können.
Interessiert an weiteren Gedanken zur Nachhaltigkeit? In unserer Reihe mit INSURANCY kommt regelmäßig neuer Input. Dranbleiben lohnt sich!
Titelbild & Beitragsbild: © Insurancy