Jens Reichow zur FinVermV: “Für Kunden ein erheblicher Serviceverlust”

Der Bundesrat hat über die zweite Verordnung zur Änderung der Finanzanlagen-Vermittlungsverordnung (FinVermV) entschieden. Dabei stand vor allem das viel diskutierte Taping im Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion.

So hatte der Bundesverband Investment und Asset Management e.V. (BVI) zum Beispiel gehofft, dass die neue EU-Kommission einen Teil der Regulierungen ein bisschen sanfter gestaltet. Nun kommt die Tapingpflicht trotzdem. Bereits im März gab uns der Rechtsanwalt Jens Reichow von der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow einen Ausblick darüber, die FinVermV beinhalten könnte. Nun haben wir erneut mit ihm gesprochen, um herauszufinden, was auf Makler zukommt.

Redaktion: Herr Reichow, die neue FinVermV ist da und sie beinhaltet eine Regelung bezüglich eventuell kollidierender Interessenskonflikte von mit den im Beratungsprozess befindlichen Personen. Was genau umfasst diese Regelung und sind die Interessenskonflikte näher definiert?

Jens Reichow: Leider sind die Interessenskonflikte nicht gesetzlich definiert. Und auch die Gesetzesbegründung enthält kaum Angaben dazu, was als Interessenkonflikt gilt. Jeder Vermittler sollte daher anhand seines individuellen Unternehmens genau prüfen, welche Umstände geeignet sind, um in der Beratung des Kunden zu einem Interessenkonflikt zu führen.

Redaktion: Das oft diskutierte Taping ist ebenfalls Bestandteil der FinVermV. Was bedeutet dies für Kunden und Vermittler, welche Kommunikationsarten sind davon betroffen?
Jens Reichow FinVermV
Jens Reichow, Kanzlei Jöhnke & Reichow

Jens Reichow: Betroffen sind Telefongespräche und sonstige elektronische Kommunikation. Für Vermittler bedeutet das Taping zunächst einen nicht unerheblichen Investitionsaufwand, da in die Telefontechnik zur Durchführung des Tapings investiert werden muss. Außerdem müssen Vermittler sehr sensibel darauf achten, das Taping auch rechtzeitig vorzunehmen, da bereits die Beratung selbst auch aufzunehmen ist. Da Auskünfte und Empfehlungen regelmäßig als Beratung zu qualifizieren sind, sind die Vermittler also schnell in der Aufzeichnungspflicht.

Redaktion: Lohnt sich Telefonberatung da überhaupt noch?

Jens Reichow: Viele Vermittler werden wahrscheinlich nun versuchen, die Regelungen zum Taping dadurch zu umgehen, dass generell am Telefon keine Vermittlung oder Beratung mehr erfolgt. Für Kunden wäre dies ein erheblicher Serviceverlust.

Redaktion: Stichwort Vermittlung: Gibt es neue Informationspflichten, auf die Makler achten müssen?

Jens Reichow: Vermittler müssen zukünftig über nicht vermeidbare Interessenskonflikte belehren und auch verstärkt über die Kosten der Anlage aufklären. Letzteres auch während der Laufzeit der Anlage.

Redaktion: Wie viel Zeit bleibt Vermittlern denn nun? Welche Schritte müssen sie ergreifen, um rechtlich abgesichert zu sein?

Jens Reichow: Das geht jetzt vergleichsweise schnell, denn die neue FinVermV sieht nur eine kurze Übergangsfrist vor. Vermittler sollten diese nutzen, um ihr Unternehmen auf die neuen regulatorischen Anforderungen vorzubereiten. Das gilt insbesondere für die technischen Anforderungen im Rahmen des Tapings. Außerdem sollten sie das eigene Unternehmen natürlich im Hinblick auf die schon erwähnten Interessenskonflikte durchforsten. Zuletzt ist es angeraten, dass Vermittler sich mit den neuen Aufklärungspflichten zu den Kosten vertraut zu machen.

Vermittler, die interessiert an weiteren Rechtstipps von Jens Reichow sind, werden auf unserem Blog fündig. Worauf müssen Makler beim Bestandsverkauf achten? Und was geschieht bei Fehlern im Maklervertrag?

Titelbild: © Hans und Christa Ede / Fotolia.com, Beitragsbild: © Jens Reichow

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NewFinance Redaktion
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