K.o. durch IDD? Jeder zehnte Vermittler will sein Geschäft aufgeben

Mit der VersVermV folgte der finale Schritt der IDD Umsetzung in Deutschland. Der Bundesverband für Finanzdienstleistung (AfW) erfragte in seinem 11. Vermittlerbarometer das aktuelle Stimmungsbild der Makler dazu. Die Ergebnisse sind ernüchternd. Welche Auswirkungen befürchten die Befragten?

Am 20. Dezember ist mit Inkrafttreten der VersVermV der langwierige Prozess der IDD-Umsetzung zu einem Ende gekommen. Die IDD ist somit endgültig in deutsches Recht umgesetzt. Was das bedeutet? Vor allem eine neue Praxis und neue Regulierungen für Versicherungsmakler. So müssen sie wichtige Änderungen in der Erstinformation beachten. Die 15 Stunden Weiterbildung pro Jahr sind ohne Ausnahme verpflichtend. Und sie benötigen feste Leitlinien für den Umgang mit Kundenbeschwerden. Alles easy in der Branche? Das aktuelle AfW-Vermittlerbarometer zeigt die Stimmungslage. Und die ist gemischt.

Fast jeder Zehnte sieht Rot

Befragt wurden Versicherungsmakler und Finanzanlagenvermittler vom Bundesverband Finanzdienstleistung. Während fast die Hälfte der Befragten angibt, dass sich ihre Arbeit in Bezug auf die IDD-Umsetzung verändert hätte, hat sich bei 42,8 Prozent keine Veränderung ergeben. Beinahe jeder Zehnte hat sich dazu nicht geäußert. Die Zahlen liegen also noch relativ nah beieinander. Neun von zehn Befragten haben seit der neuen Regelung einen höheren Zeitaufwand für Terminierung, Vorbereitung und Dokumentation von Kundengesprächen. 55 Prozent mussten ihre Arbeitsprozesse aufgrund des zunehmenden Verwaltungsaufwandes umstellen. Die Konsequenzen? Ein Drittel der Befragten, wird sich künftig auf bestimmte Produkte konzentrieren. Noch ernüchternder: Neun Prozent der 34d Vermittler (GewO) sehen nur noch einen Ausweg: Sie werden ihr Geschäft aufgeben müssen.

„Wenn über 40 Prozent der Vermittler angeben, dass sich durch die IDD ihr Arbeitsalltag nicht verändert habe, dann werden wir noch mehr Aufklärungsarbeit machen müssen. Das Inkrafttreten der VersVermV mit ihren neuen Regelungen unter anderem zur Erstinformation, zum Beschwerdemanagement sowie zur regelmäßigen Weiterbildung bietet einen aktuellen Anlass dazu“, so Frank Rottenbacher. Vorstand der GOING PUBLIC! Akademie für Finanzberatung AG, Berlin

Viel Schatten, wenig Licht?

Kein Schritt in die richtige Richtung. Denn etwa zeitgleich zur AfW hat auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) der Branche einen Dämpfer verpasst: Der Vermittlerschwund geht munter weiter. Innerhalb des vergangenen Jahres haben sich die Zahlen um fast 19.200 Registrierungen verringert. Das heißt konkret: Seit dem 2. Januar 2018 hat sich mehr als jeder zwölfte Vermittler aus dem Register abgemeldet. Zum Vergleich: Die Zahl ist fast genauso groß, wie der Rückgang in den Jahren 2015, 2016 und 2017 zusammengerechnet. So sind aktuell noch 201.643 Versicherungsvermittler bei der DIHK registriert.

Christian Schwalb, Geschäftsführer SCALA & Cie. Holding
Christian Schwalb, Geschäftsführer SCALA & Cie. Holding

Woran liegt das? An der fehlenden Bereitschaft zur Anpassung oder am natürlichen Konsolidierungsprozess? Für Christian Schwalb, Geschäftsführer der SCALA & Cie. Holding, lässt sich das eine nicht so leicht vom anderen trennen:

„Wir haben aktuell ein Durchschnittsalter von etwa 53 Jahren unter allen registrierten Versicherungsvermittlern. Statistisch werden sich etwa 30 bis 40 Prozent in den nächsten zehn Jahren aus Altersgründen aus dem Markt zurückziehen. Was wir aktuell erleben, ist sicherlich eine Mischung aus mangelnder Veränderungsbereitschaft und Flexibilität, sich auf die neuen Rahmenbedingungen einzustellen und andererseits des vorgezogenen Austritts aus Altersgründen.“

Ein Lichtblick…

So düster die Zahlen anmuten, ganz so schwarz zeichnet sich das Bild nicht. So hat sich bei einem drittel der Befragten laut eigener Aussage im AfW-Vermittlerbarometer die Rechtssicherheit ihrer Arbeit erhöht. Die Änderungen durch die VersVermV sorgen – wie die Zahlen zeigen – zwar noch immer für Beunruhigung unter den Vermittlern. Doch gleichzeitig konnten bei der Umsetzung der IDD in deutsches Recht einige Regelungen verhindert werden. Einen Überblick bieten unsere 18 Fragen zur IDD. Dort gibt es alle Kernpunkte und Neuerungen auf einen Blick.

Und auch Christian Schwalb sieht in der IDD nicht den Schwarzen Peter, der alleinig für die schwindenden Vermittlerzahlen verantwortlich ist. Viel mehr müsse die Branche weiter daran arbeiten, dem Nachwuchs wieder die Vorzüge des Berufs aufzuzeigen.

„Ich bin der Meinung, dass uns jede Qualitätsverbesserung in der Branche hilft, verloren gegangenes Vertrauen wieder zurück zu gewinnen. Was uns jedoch derzeit fehlt ist eine entsprechende Attraktivität der Branche bei Neueinsteigern, die Folge ist ein seit Jahren ausbleibender Nachwuchs. Hier müssen wir als Branche gemeinsam ansetzen!“

Ein besonderes Herzensprojekt für Schwalb, der als Vorsitzender des neuen Vereins ZUKUNFT FÜR FINANZBERATUNG, den die Bayerische von Anfang an als Förderer unterstützt, genau das zum Ziel hat: Nachwuchs zu fördern und zu zeigen, dass IDD und Co. keine unüberwindbaren Hürden darstellen.

Titelbild: © maxcam / fotolia.com, Beitragsbild: © Christian Schwalb

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NewFinance Redaktion
NewFinance Redaktionhttps://www.newfinance.de
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