Das Rentensystem in Europa unterscheidet sich – doch wo genau liegen eigentlich die Vor- und Nachteile? In seinem Renten-Atlas hat das Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik die Struktur der Altersvorsorge zehn verschiedener Länder durchleuchtet. Weitere 22 sollen bald folgen.
“Die Idee der Pension Maps ist, die aufgrund ihrer historischen Wurzeln teilweise sehr unterschiedlichen Alterssicherungssysteme auf eine für jeden verständliche Weise sichtbar zu machen und miteinander vergleichen zu können”, erklärt Ulrich Becker, Professor und Direktor am Max-Planck-Institut und Leiter der sozialrechtlichen Abteilung, den Aufbau des Projekts. Mithilfe einer Karte, der Pension Map, verdeutlichen die Forscher die Unterschiede zwischen den Rentensystemen in europäischen Ländern. Anhand dessen lässt sich beispielsweise in Deutschland erkennen, dass die gesetzliche Rentenversicherung nicht die gesamte Bevölkerung umfasst. Anders ist das bei der staatlichen Rentenversicherung in Norwegen der Fall. Dafür ist das deutsche Rentensystem weniger stark in unterschiedliche Berufsgruppen unterteilt als das französische. Dieses verdeutlicht, weshalb dort Rentenreformen aufgrund der Vielzahl unterschiedlicher Interessen erschwert sind.
Rentnerparadies Österreich: Mit 65 in den Ruhestand
Ein wahres Rentnerparadies befindet sich in Österreich. Zum einen liegt die Netto-Lohnersatzrate aus der gesetzlichen Rente nach OECD-Angaben für einen Standardrentner bei rund 90 Prozent. Als Vergleich: Für einen deutschen Rentner liegt sie bei 52 Prozent. Zum anderen gewährt die österreichische Rentenversicherung nach einer Einkommensprüfung auch eine Ausgleichszulage, die eine Mindestrente garantiert. Wer langjährig versichert ist, kann ebenso einen Pensionsbonus erhalten. Im Gegensatz dazu ist eine Mindestsicherung kein explizites Ziel der wenig umverteilenden deutschen gesetzlichen Rentenversicherung. Und während Deutsche ab dem Jahr 2029 67 Jahre berufstätig sind, bevor sie in Rente gehen können, liegt das Alter in Österreich weiterhin bei 65 Jahren.
Das Max-Planck-Institut hat für eine Vergleichbarkeit der Darstellung der Rentensysteme ein Kategoriensystem entwickelt, bestehend aus: Rechtsform, Funktion, Zugangsberechtigung, Art der Zugehörigkeit (verpflichtend oder freiwillig), Bedürftigkeitsprüfung sowie Finanzierungsarten und -quellen. Als “Prototyp des Rentners” gilt ein Mensch, der 2020 ins Berufsleben gestartet ist und somit als Beitragszahler in das Alterssicherungssystem eintritt.
Pension Map: Die Untersuchung wird ausgeweitet
In der ersten Fassung haben Forscher des Max-Planck-Instituts die Alterssicherungssysteme von Deutschland, Österreich, Frankreich, Italien, Großbritannien, Griechenland, Norwegen, die Tschechische Republik, Slowenien und Bulgarien miteinander verglichen. Weitere 22 folgen in den kommenden Monaten.
Im internationalen Vergleich haben skandinavische Länder die Nase vorn
Zu einem ähnlichen Ergebnis wie das Max-Planck-Institut kommt der Hauptbefund des Global Pension Report, der die Rentensysteme und Rahmenbedingungen in 70 Ländern und damit auch außerhalb Europas untersucht. Bewertungskriterien sind die Rentenhöhe und ihre Finanzierbarkeit. Das Ergebnis: Am besten gestaltet sich die Altersversorgung in Schweden, Belgien und Dänemark. Also zwei skandinavische Länder, die auch dem deutschen Rentensystem als Vorbild dienen. Denn dieses kommt bei der Untersuchung nicht über einen 26. Platz hinaus. Davor liegen Länder wie Estland, Japan oder auch Kasachstan.
Insgesamt zeigt sich ein deutliches Gefälle zwischen dem reichen Westen und den ärmeren Schwellen- und Entwicklungsländern. Wobei es auch Ausnahmen gibt: In den Top Ten finden sich ausschließlich westliche Länder – und China auf Platz elf. Das Schlusslicht bilden Länder wie Laos, Kenia und der Libanon. Genauso befinden sich auf den hinteren Rängen die eigentlich sehr reichen Ölstaaten Saudi-Arabien, Bahrein, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate. Und ebenso überraschend: Frankreich landet auf Platz 51 – sogar hinter Ägypten und Kolumbien.
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