Seit Anfang März 2020 ist für viele Menschen in Deutschland die Arbeitsumgebung das Zuhause. Dem Bürostuhl wich der Küchenhocker, den neuen Computern und Bildschirmen das alte Laptop, und die Highspeed-Verbindung des Arbeitgebers wurde durch das Heimnetzwerk ersetzt. Technische und ergonomische Grundausrüstung? In vielen Fällen zunächst Fehlanzeige. Der Ausweg: Zahlreiche Arbeitnehmer rüsteten auf zunächst eigene Kosten auf und schafften neue Büromöbel, Hardware, Infrastruktur und anderes Equipment an. Aber wer kommt für die Zusatzkosten im Homeoffice auf? Was ist steuerlich absetzbar? Wir haben mit Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Martin Galdia gesprochen.
umdenken.co: Herr Galdia, können Arbeitnehmer Zusatzkosten für die Zeit im Homeoffice steuerlich absetzen und wenn ja – wie viel?
Martin Galdia: Ja, grundsätzlich erlaubt der Fiskus den Abzug von Kosten für das Homeoffice als Werbungskosten. Allerdings hängt das von verschiedenen Voraussetzungen ab:
Zunächst einmal darf dem Arbeitnehmer kein anderer Arbeitsplatz in der Firma zur Verfügung stehen. Dafür sollte der Arbeitgeber zum Beispiel aufgrund von Corona möglichst ein schriftliches Verbot, den Arbeitsplatz in der Firma zu nutzen, ausgesprochen und Homeoffice angeordnet haben.
Außerdem hängt es davon ab, ob das Homeoffice ein „Arbeitszimmer“ im steuerlichen Sinne ist. Das Finanzamt legt den Begriff des Arbeitszimmers durchaus eng aus. Das heißt: Es muss sich um einen abgeschlossenen Raum handeln, und er darf nur der beruflichen Nutzung dienen. Es darf also nicht nur eine Arbeitsecke oder der umfunktionierte Esstisch im Wohnzimmer sein. Nur dann kann man anteilige Kosten wie Miete und Nebenkosten der Wohnung als Werbungskosten absetzen.
Wenn diese Rahmenbedingungen erfüllt sind, ist ein Höchstbetrag bis zu 1.250 Euro im Jahr steuerlich absetzbar.
Paare können dabei doppelt profitieren, denn der Höchstbetrag ist personen- und nicht objektbezogen.
umdenken.co: Resultiert daraus, dass auch ein neuer Laptop, eine schnellere WLAN-Verbindung, ein neuer Bürostuhl und die steigende Stromrechnung absetzbar sind?
Martin Galdia: Diese Dinge kann der Arbeitnehmer bis zu einem Wert von 800 Euro sofort geltend machen. Bei Werten über 800 Euro müssen die Gegenstände über die Nutzungsdauer abgeschrieben werden. Arbeitsmittel wie ein Schreibtisch, einen Bürostuhl oder ein Bücherregal können auch dann abgesetzt werden, wenn kein separates Arbeitszimmer vorhanden ist. Doch es ist Vorsicht geboten: In der Regel unterstellt der Fiskus eine private Mitnutzung dieser Gegenstände. Deshalb erkennt er ohne Nachweis in der Regel nur etwa die Hälfte der Kosten an.
Kosten für Strom, WLAN oder Telefon erkennt die Staatskasse nur dann an, wenn sie nachweislich zusätzlich anfallen. Ansonsten werden meistens pauschal 20 Euro für die zusätzlichen Kosten akzeptiert. Für Büromaterial werden regelmäßig eine Jahrespauschale von 110 Euro, oder nachgewiesen höhere Kosten anerkannt.
umdenken.co: Wie bereite ich mich am besten auf die Steuererklärung vor?
Martin Galdia: Vor allem ist darauf zu achten Beweise zu sammeln, das heißt konkret: Belege aufbewahren. Dazu gehört die schriftliche Anweisung des Arbeitgebers ins Homeoffice ebenso wie alle Rechnungen für angefallene Zusatzkosten.
Will man ein Arbeitszimmer absetzen, sollte der Arbeitnehmer die Arbeitsverhältnisse anhand von Bildern dokumentieren.
umdenken.co: Heißt das also, dass der Arbeitgeber auch Kosten übernimmt?
Martin Galdia: Das hängt vom Arbeitgeber ab. Allerdings muss der Arbeitgeber die notwendigen Arbeitsmittel und einen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen. Alternativ kann er die Kosten hierfür erstatten. Der Arbeitgeber kann außerdem bestimmte Zuschüsse zu den privaten Kosten zahlen. Beispielsweise 20 Prozent zur Telefonrechnung steuer- und sozialversicherungsfrei oder pauschal 50 Euro für Internetkosten, die er dann aber auch pauschal versteuern muss. Viele meiner Mandanten zahlen ihren Arbeitnehmern zur Zeit eine Corona-Beihilfe, um die Mehrkosten für die Arbeitnehmer abzudecken. Als Corona-Beihilfe können Arbeitgeber noch bis 31.12.2020 bis zu 1.500 Euro steuer- und sozialversicherungsfrei zahlen.
umdenken.co: Welchen absetzbaren Top-Tipp gibt es? Etwas womit niemand rechnet.
Martin Galdia: Den Top-Tipp schlechthin gibt es (leider) nicht mehr. Der Gesetzgeber hat in den vergangenen Jahren viele Steuer-Schlupflöcher geschlossen.
Aktuell kann man aber bei Handwerkern und haushaltsnahen Dienstleistungen, wie beispielsweise der Reinigungskraft, doppelt sparen.
Denn diese Leistungen sind bis Jahresende nur mit 16 Prozent Mehrwertsteuer belastet. Bei der Einkommensteuer kann man aber weiterhin 20 Prozent der Kosten im Rahmen der Höchstgrenzen für Arbeits- und Maschinenstunden, sowie der Fahrtkosten absetzen. Jetzt wäre daher ein guter Zeitpunkt die Wohnung streichen zu lassen, falls das ohnehin schon länger fällig ist. Aber ganz wichtig: An die unbare Zahlung denken! Der Fiskus akzeptiert die Kosten grundsätzlich nicht bei Barzahlung.
umdenken.co: Was war die skurrilste Anfrage in Steuererklärungen die Sie je bekommen haben?
Martin Galdia: Es kommt immer mal wieder vor, dass Mandanten die schwarz beschäftigte Reinigungskraft oder den schwarz bezahlten Handwerker auch noch von der Steuer absetzen wollen. Da muss ich dann schon ein wenig schmunzeln und den Mandanten fragen, ob er dem Fiskus wirklich diesen Gesetzesverstoß offenlegen möchte.
Über unseren Experten
Martin Galdia ist seit 2009 Steuerberater und seit 2015 Wirtschaftsprüfer. Als Diplom Kaufmann, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Datenschutzbeauftragter (TÜV) arbeitet er derzeit als Partner bei der Steuerkanzlei dr. roemer & partner.
Titelbild: © Martin Galdia