Provisionsdeckel der SPD: Ideologie ersetzt Sachverstand?

Ein Beitrag von Martin Gräfer, Vorstand Versicherungsgruppe die Bayerische

Wieder einmal versuchen einige Politiker, sich auf Kosten einer Berufsgruppe zu profilieren – und am Ende wird alles noch schlimmer.

SPD will Bürokratie-Monster schaffen

Aktuell ist das zu beobachten am Referentenentwurf für einen Provisionsdeckel, den das SPD-geführte Bundesfinanzministerium vorgelegt hat. Es gehe um Verbraucherschutz, so die vorgeschobene Begründung.

In Wirklichkeit wird ein Bürokratie-Monster geboren, das nur Schaden anrichtet.

Ideologie hebelt Verfassung aus

Zum einen ist es atemberaubend, wie selbstverständlich die verfassungsrechtlich garantierte Gewerbefreiheit ignoriert wird und sich Politiker über die offenkundige Rechtslage hinwegsetzen. Denn aktuelle Rechtsgutachten kommen zu dem Ergebnis, ein Provisionsdeckel ist verfassungsrechtlich wie europarechtlich unzulässig.

Zum andern macht es sprachlos, wie selbstverständlich das Finanzministerium und seine Beamten mit einem Federstrich das Einkommen ganzer Berufsgruppen beschneiden. Die Versicherungsvermittler werden damit ins berufliche Abseits geschoben. Schlimmer noch: Ihnen wird unterstellt, sie machten ihren Job nicht richtig, dafür müssten sie kollektiv bestraft werden.

Was soll das?

Da ist viel Ideologie im Spiel, aber wenig Sachverstand. Tatsache ist: Die überragende Mehrheit der Marktteilnehmer – Versicherer wie auch Versicherungsvermittler – geht sehr verantwortungsbewusst mit ihrem Auftrag und ihrem Beruf um. Gleichzeitig steigen Anforderungen an Vermittler bei Themen wie Qualifizierung, Beratung und Dokumentation.

Die Politik hat selbst immer wieder die Notwendigkeit privater Altersvorsorge betont. Das heißt aber, die Menschen brauchen eine sachgerechte und flächendeckende Beratung. Eine qualifizierte Beratung hat einen wesentlichen Wert und kostet daher auch Geld. Provisionen sind dabei eine wichtige Einnahmequelle für Versicherungsvermittler.

Private Rentenversicherungen sind attraktiv, denn der Wert dieser Art von Vorsorge besteht eben nicht nur in der Rendite während der Ansparphase, sondern auch und gerade durch die damit verbundene, lebenslange Rente. Allerdings ist die Vermittlung dieser Produkte äußerst beratungsintensiv. Wird nun der zwischen Versicherer und Kunden freiwillig vereinbarte Preis von staatlicher Seite nach unten reguliert, führt das zwangsläufig zur einer Verschlechterung der Beratungsqualität. Das schadet den Verbrauchern.

Lass mich in Ruh‘ …

Der aktuelle Referentenentwurf greift wie selbstverständlich in die unternehmerische Freiheit ein und nutzt noch nicht einmal dem Verbraucher – denn der würde durch den Deckel gar nicht profitieren. Es kommt noch absurder, scheinbar ist es für das von der SPD geführte Ministerium auch kein Problem, in bestehende Verträge nachträglich einzugreifen, zumindest muss so der Gedanke verstanden werden, dass der gewünschte Deckel auch bei dynamischen Anpassungen von Verträgen gelten soll, die schon vor längerer Zeit abgeschlossen wurden.

Billige Profilierung insbesondere auf Kosten der Versicherungsmakler

Auch die rechtliche Ausrichtung, dass insbesondere ein Versicherungsmakler klar Interessenvertreter seines Kunden sein muss, scheint wenig zu interessieren, denn nun soll der Versicherer die Qualität der Beratung beurteilen und seine Vergütung danach ausrichten – ist es aber nicht gerade die Unabhängigkeit des Maklers von einem Anbieter, die in den vergangenen Jahren auch rechtlich klar herausgearbeitet wurde? Ist dem Makler nicht verboten worden, Vorteile anzunehmen, die ihn in seiner Unabhängigkeit hinsichtlich Produkt- und Anbieter behindern sollten?

Zunächst hört sich die Qualitätsorientierung ja ganz schlau an, aber wäre damit nicht die Gefahr geboren, den Makler darüber über die Vergütung ein Stück mehr „steuern“ zu können? Und sollte nicht einzig der Verbraucher die Qualität des von ihm selbst beauftragten Maklers beurteilen und eben nicht der Anbieter des Produktes?

Populismus statt echter Lösungen

Abenteuerlich mutet im Übrigen schon die Begründung des Gesetzes an. Denn hier wird darüber berichtet, dass es offensichtlich gilt, einen Missstand abzustellen, einen Missstand, der allerdings weder belegt noch weiter erläutert wird. Die objektiv bei BaFin oder Ombudsmann gemessenen Beschwerdequoten jedenfalls können es nicht sein, denn die machen deutlich: Es gibt keinen Missstand.

Auch die Tatsache, dass die Provisionen durch das LVRG erheblich reduziert wurden, scheint nicht zu interessieren. Oder die Zahlen und die Fragen von Haftungszeiten beispielsweise werden schlicht nicht verstanden. Wo Ideologen Gesetze erdenken, scheinen Fakten nicht mehr relevant zu sein.

Und außerdem: Was wäre die Alternative zur persönlichen Beratung? Ein Pseudo-Beratung durch menschenbefreite Computerprogramme, anonyme Internetplattformen und undurchschaubare Algorithmen? Das kann niemand ernstlich wünschen, nicht mal die SPD.

Titelbild: ©Martin Gräfer

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Autor

NewFinance Redaktion
NewFinance Redaktionhttps://www.newfinance.de
Hier bloggt die Redaktion von NewFinance.today zu allgemeinen und speziellen Themen rund um Versicherung, Finanzen und Vorsorge aber auch zu Unternehmensthemen der Bayerischen. Wir wünschen eine spannende und interessante Lektüre!

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Kommentare

  1. Das ganze Prozedere geht ja schon sehr lange. Versicherungsmakler- und Vermittler wurden vom Verbraucherschutz zum Teil sogar kriminalisiert. Eine Gegenwehr durch Vermittler, oder Verbände bleibt aus und so ist es einfach diesen Berufsstand mit negativen Populismus zu überschütten. Das Ziel von Verbraucherschützer dürfte die Erschließung von neuen Geldquellen sein und da ist der Versicherungsmakler- Vermittler erst mal aus dem Wege zu räumen. Es ist ja nicht einfach zu erklären wie Verbraucherschützer nebenher eine Versicherungsvermittlung betreiben können und das völlig legal. Auch die mangelnde Qualifikation dieser Verbraucherschutz- Spezialisten lässt zu wünschen übrig. Da hilft auch nicht der Spruch, dass alle Beratungsstellen über ausreichende Kenntnisse in Vermögens- und Versicherungsangelegenheiten verfügen, denn der Nachweis wurde bisher nie erbracht. Es ist an der Zeit, dass die Vermittler und Verbände offen gegenüber diesen angeblichen Verbraucherschutz aufbegehren und endlich an die Öffentlichkeit gehen. Gegen Politiker wehren, die sich mit billiger Propaganda profilieren wollen. Alle erdenklichen rechtlichen Schritte ausschöpfen und wenn es sein muss, auch eine Klage anzustreben gegen diesen Populismus. Das sollte unser Ziel sein, auf keinen Fall sollte sich die Branche weiterhin verstecken und alles über sich ergehen lassen. Ich bin auf jeden Fall dabei, denn es wird endlich Zeit sich zu wehren.
    Gerhard Pendleder
    Versicherungsmakler

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